Martin Lenz, Biografie
Lenz wurde 1933 in Halle/Saale geboren. Sein
Vater trat bald darauf die Amtsrichterstelle in Bad Lauchstädt bei Halle an.
Dort erlebte der Junge zusammen mit zwei kleineren Geschwistern im Schloss
neben dem Goethetheater eine unbeschwerte Kindheit. Noch vor Kriegsausbruch kam
der Vater ans hallesche Landgericht und die Familie zog Ende 1939 nach
Halle/Kröllwitz um.
Im Jahr 1942 erkrankte der Vater an einer
Tuberkulose. Die Krankheit verhinderte seine bereits verfügte Strafversetzung
nach Polen und bestimmte fortan das Leben der Familie.
Im Herbst 1944 wurde Martin ins Realgymnasium
eingeschult und zugleich bei den Pimpfen, der Vorstufe der Hitlerjugend,
aufgenommen. Der Einmarsch der Amerikaner und dann der Russen in Halle war für
ihn ein prägendes Abenteuer.
Lenz gehörte zum letzten Schülerjahrgang, der
nach dem alten Curriculum eine achtjährige Oberschule durchlief. In dieser Zeit
der sozialistischen Umwälzungen erlebte er bewusst die beruflichen
Veränderungen seines Vaters, der von den Russen als ‚unbelasteter Jurist’ in
seinem Amt belassen, später aber als Angehöriger einer nicht mehr
zeitgemäßen‚Intelligenz’ Schritt für Schritt herabgestuft wurde.
Auf der Suche nach einem ideologisch-neutralen
Nischenberuf ließ sich Lenz 1952 in der Martin-Luther-Universität
Halle-Wittenberg einschreiben und belegte die Fachrichtung ‚Klassische
Philologie’. Die Studienjahre verbrachte er im vertrauten Kreis von regimekritischen
Kommilitonen. Nach dem Staatsexamen veranlasste ihn sein verehrter Lehrer
Professor Reitzenstein, die Hochschullaufbahn einzuschlagen.
Nachwuchsdozenten in der DDR hatten der
Einheitspartei beizutreten. Lenz weigerte sich und flüchtete Ende 1957 nach
Westberlin. Das Flüchtlings- und Lagerleben lernte er in Berlin-Kreuzberg und
bald auch in Giessen/Hessen in vielen Facetten kennen.
Aus dem Notaufnahmelager heraus wurde er ans
Gymnasium in Korbach/Waldeck zur Referendarausbildung geschickt. Nach dem
zweiten Referendarjahr in Marburg/Lahn heiratete Lenz eine Studienfreundin aus
Halle und folgte dem Ruf des Korbacher Schulleiters zurück an das
Landesgymnasium. Dort nahm er die Lehrtätigkeit in den Fächern Griechisch,
Latein, Erdkunde, später Mathematik, Philosophie und Russisch auf. Die
Lehrbefähigung für Mathematik erwarb er nebenberuflich an der Fernuniversität
Hagen/Westfalen.
Ein Verkehrsunfall im Jahr 1974 zwang Lenz,
die Arbeit über Monate zu unterbrechen. Nach den Operationen entzündeten sich
Teile des Knochenmarks. Das machte die Behandlung in einer Spezialklinik nötig.
Dort kam es zusätzlich zu einer Infusionshepatitis.
Trotz der körperlichen Beeinträchtigung
arbeitete Lenz weiter, bis bei einer Routineuntersuchung 1992 das gerade neu
entdeckte Hepatitis-C-Virus bei ihm nachgewiesen wurde. Lenz wurde daraufhin im
Alter von 60 Jahren pensioniert. Die folgende langjährige Behandlung hatte
Erfolg, und die Erlebnisse in Schule und Krankenhäusern, als Reiseleiter von
Schülerfahrten und als Vater von zwei Kindern drängten ihn zu literarischer
Betätigung.